Ganz besonders an Weihnachten wird der Begriff FRIEDE noch wichtiger. Dabei haben wir (jedenfalls die nach 1945 geboren sind) so viel Krieg und so so nah wie nie. Seit Kriege näher rücken, werden die Rufe nach Frieden lauter. Wir wünschen uns ja alle Frieden.
Wie kann Friede kommen?
Kommt Frieden, wenn sich jemand (oder ein Volk) nicht verteidigt? Können wir fordern, dass sich jemand oder ein Volk nicht mit Gewalt und Waffen wehrt, wenn es angegriffen wird? Wird es dann friedlicher? Oder muss sich verteidigt werden, um den Angreifer zu besiegen? Schafft das Frieden?
Als erstes fällt mir hierbei immer 1945 ein. Wäre Hitler mit friedlichen Mitteln beizukommen gewesen? Diese Frage zu stellen macht fassungslos. Wieviele Millionen mehr Menschenleben hätte es gefordert, hätten die Alliierten nicht mit Waffengewalt eingegriffen. In weniger großen Zusammenhängen fallen mir jüngst gesehene Krimis ein, in denen fiese Bösewichte ihre Mitmenschen bedrohen, erpressen und attackieren. Können wir von anderen verlangen, sich nicht zu wehren? Oder würde das der Herrschaft der Grausamen, Gierigen, Psychopaten und Rücksichtslosen nicht Vorschub leisten?
Für uns auf Erden scheint es keine Möglichkeit zu sein, die Augen ganz fest zuzumachen, innerlich FRIEDEFRIEDEFRIEDE zu meditieren und zu erwarten, dass einen die Aggressoren nicht entdecken oder dass man damit zum Weltfrieden beiträgt. Immer wurden auch die Friedlichsten gemeuchelt. Und Gegengewalt führt andersherum zu Rachegelüsten, zu Traumata, zu weiterer Gewalt.
Sind Grausamkeit und Aggression ein nicht zu überwindendes menschliches Problem? Nähern wir uns dem Dilemma philosophisch-astrologisch und überlegen, ob wir Gedanken finden, die für den Weltfrieden langfristig taugen könnten.
Alle, alle haben wir ihn ...
Wir alle haben Mars in unseren Horoskopen. Mars ist unser innerer Anzeiger, dass wir uns verteidigen und gegen Übergriffe zur Wehr zu setzen können. Marskraft erlaubt es leider auch dem Aggressor, mich anzugreifen. Wir haben beide einen Mars! Wer seine eigene Wehrbereitschaft leugnet oder partout keinen Zugang zu ihr findet, hat aber nicht automatisch ein friedliches Leben. In der Psychologie ist das Phänomen der Projektion hinlänglich bekannt: Wir sehen und spüren an anderen oft, was wir an uns selbst nicht sehen können oder wollen.
Ich habe Menschen mit prominentem Mars im Horoskop getroffen, dessen Kräfte aber im friedfertigen Wesen der Person nicht zu finden waren. Schlagende Partner oder andere zornige Mitmenschen säumten mitunter deren Wege. Manchmal findet man auch Autoimmunerkrankungen mit solchen Konstellationen.
Nicht sofort tief in die Augen schauen!
Möglicherweise wäre es für diese Menschen hilfreich, nach den eigenen verteidigungsbereiten Seiten in sich zu fahnden und sie kennenzulernen. Dem schlagenden Partner und anderen übergriffigen Menschen kann dann mit eigener Marskraft Einhalt geboten werden. Es kann jedoch unsäglich schwer sein, zur eigenen marsischen Wut zu stehen! Erziehung, Umfeld, ein Horoskop ohne Feuerplaneten oder auch mit zu vielen davon samt Tabuisierung im frühen Umfeld ... es gibt so viele gewichtige Gründe, unseren eigenen seelischen (Ab-)Gründen nicht in jedem Fall sofort tief in die Augen zu schauen.
Denn Mars ist ersteinmal nicht gerecht. Unser eigener Mars ist für unsere Selbstverteidigung zuständig. Ob es angemessen war, wie wir reagiert haben, entscheiden hinterher andere Instanzen in uns. Wir könnten uns schämen, wenn wir erkennen müssen, dass wir überreagiert oder gar etwas missverstanden haben. Dennoch ist die Kraft des Mars überlebenswichtig für uns. Jede Kraft ist halt ein "Spezialwerkzeug" für unser Leben. Mars sorgt dafür, dass wir uns (egal was) trauen, dass wir Lust haben, mal einen Wettstreit zu gewinnen, aber auch dass wir morgens die Energie haben aufzustehen ... Diese Kraft will gelebt werden.
So sind wir Menschen geboren, das ist unsere astrologische DNA.
Peter Orban schreibt in seinem Buch "Astrologie als Therapie"*, wir müssen uns zwingend selbst erkennen, auch die eigenen Marskräfte bewusst zu uns nehmen, um ... ja was eigentlich? Er scheut es zu beschreiben, was danach folgen kann. Er will keinen Heilsweg aufzeichnen, was ich sehr realistisch und ehrenhaft finde. Dennoch deutet er an, dass damit die Entwicklung nicht zu ende sein muss, wenn wir uns "erkannt" haben. In unserem Gespräch darüber vor wenigen Tagen ist meiner Freundin Jutta** eingefallen, dass Buddha unter dem Baum saß, wo ihn am Ende Erleuchtung überkam. Zuvor wurden ihm allerhand Versuchungen geschickt, die er allesamt mit dem Satz kommentierte: "Ja, das bin ich auch".
Was bedeutet es zu sagen "Ja, das bin ich auch"?
Unser aller Weg kann nur friedlicher werden, wenn wir erkennen, was unser Beitrag zum Unfrieden in der Welt ist. Vor der eigenen Tür kehren ist vielleicht doch das Allerwichtigste. Wer auf den zeigt, der seinen Mitmenschen beschimpft oder sogar Gewalt anwendet, tut das mit seinen eigenen Kräften des Widerstandes, seinen eigenen Marskräften. Die Spirale der Gewalt eröffnet sich in diesem Moment: Ich gegen dich. Wir erleben vor Aggression geifernde Friedensdemonstrantinnen. Das Trennende zwischen Menschen wirkt sofort an dieser Stelle. Lager tun sich auf, Freundschaften und Familien werden gespalten, Kränkungen, seelische Verletzungen. So friedlich kannst du gar nicht sein, dass du so etwas zuverlässig vermeiden kannst, wenn du gegen etwas bist - und sei es gegen Krieg.
Buddha, Jesus und die Atombombe
Peter Orban eröffnet hier eine faszinierende Möglichkeit. Er schrieb sein Buch in Zeiten der Friedens- und Anti-Atomwaffen-Demos in den 80er Jahren. Seine Idee: In jedem Ort, in jedem noch so kleinen Dorf und an jedem Platz, an dem Menschen sind und passieren, errichten wir ein Waffendenkmal (Orban sagt: eine Atombombe) oder ein Denkmal menschenmöglicher fürchterlichster Aggression. Wir gehen unsere täglichen Wege daran vorbei mit dem Bekenntnis oder dem Gedanken, dass jede von uns hierzu ihren Beitrag leistet. Wer ist nicht bereit, seine Lieben im Notfall mit Gewalt zu verteidigen? Wer hat nicht seinem Nächsten erst kürzlich häßliche, kränkende Widerworte gegeben? "Ja, das bin ich auch" - das müssen wir alle sagen. Vielleicht täglich und ständig, in Kriegszeiten öfter denn je. Du gehst nicht in den Schuhen derer, die du anklagst. Es ist menschlich, sich ein Urteil über deren Handlungen zu bilden, aber es macht uns immer auch schuldig. Wir bilden uns Meinungen, wir verurteilen, wir sind wütend. "Ja, das sind wir alle auch".
Das zu verstehen heißt leider nicht, es auch wie selbstverständlich leben zu können.
Das mit der Erleuchtung wird sich erfahrungsgemäß nicht sofort einstellen. Derweil werden wir einzeln oder gesamtgesellschaftlich Absprachen treffen. Wie gehen wir damit um, wenn Gewalt geschieht? Man kann beschließen, sich wie Jesus für alle Menschen zu opfern. Denn auch er tut damit nichts anderes, als den Weg des Friedens und der Erleuchtung (Himmelfahrt) zu gehen. Er nimmt unser aller Schuld auf sich. Und das ist nichts anderes als das, was Buddha tut. Jesus sagt: Deine Sünde ist meine Sünde, ich nehme sie auf mich. Wer das nicht kann - ich jedenfalls fühle mich dazu nicht in der Lage - braucht das Bekenntnis zum eigenen Mars: "Ja, das bin ich auch". Man wird versuchen, sich bis zur wirklichen Selbsterkenntnis oder Erleuchtung einige Notlösungen zu basteln: Waffenlieferungen an die Überfallenen oder Friedensdemos und Forderungen nach Verhandlungen. Weniger schuldig ist vermutlich keiner von uns.
* Peter Orban, "Astrologie als Therapie: auf der Suche nach der Lüge" , Hugendubel 1989
** Dank an die liebe Jutta, die mich mitten in meinen Gedanken um Mars zu dem Buch von Peter Orban brachte und die mich auch an die Erleuchtung Buddhas erinnerte.
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