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Chris Whitaker: „Von hier bis zum Anfang“ – Feuer!

|Erstveröffentlichung August 2022| Literatur & Film durch das Sternenglas betrachtet Teil1



Dieses Buch nimmt einen mit. Duchesse ist noch ein Kind, dennoch sorgt sie für ihren kleinen Bruder, weil die Mutter dazu nicht in der Lage ist. Nichts Rührseliges ist daran, wie Whitaker das erzählt. Das Buch wird durchdrungen vom Feuer Duchess´ , deren Horoskop ich mir mit vielen Planeten in Widder vorstelle. Ich will! Ich werde! Ich tu es! Mir doch egal! Ihren inneren Monolog können wir uns nur vorstellen, aber irgendwie in dieser Art wird er stattfinden. Widder ist eines der drei Sternzeichen, die zusammen das Element Feuer im Tierkreis bilden. Alle drei Feuerzeichen zeichnet die subjektive Sicht auf die Welt aus. Widder in uns weiß, was er will und er wird uns dazu verhelfen, es auch zu bekommen oder uns durchzusetzen.

Whitakers erzählerisches Talent benötigt keine langen Beschreibungen, sofort zieht uns die Story in ihren Bann. Es ist ein Krimi, eine Lebensgeschichte, eine tragische Geschichte. Sie lässt uns aber am Ende dermaßen versöhnt mit der Welt und auch mit einem selbst zurück, dass sich der im Lauf der Geschichte aufgewirbelte Staub erst nach und nach setzt wie eine goldene Wolke voll tiefem Verständnis für menschliche Verfehlungen und ja, auch Liebe. Alle im Buch meinen es nur gut. Und alle machen dabei so gravierende Fehler! Wie wir! Genau wie wir selbst auch. Leben ist so.

Duchess´ Zorn lässt sich oft nur schwer aushalten. Widder in uns ist nicht gerecht, niemals überlegt oder gar rücksichtsvoll. Aber im Leben von Duchess gibt es auch wenig Grund, diese Eigenschaften an den Tag zu legen. Sie hat es schwer, ihr Leben selbst ist ungerecht und hat nichts Unbeschwertes.

Offensichtlich müsste man in ihr Horoskop allerdings auch ganz konträre weitere Schwerpunkte einzeichnen. Sie kümmert sich mit ernstem, liebevollem Herzen um ihren kleinen Bruder, an dem sie hängt und dem sie das Leben so schön wie möglich machen will. Es wird auch deutlich, wie sehr sie ihre Mutter liebt, beschützt und verteidigt, die ihre Kinder aufgrund ihrer eigenen Traumata nicht beschützen kann. Vielleicht fantasieren wir in Duchess´ Horoskop noch einen Mond oder eine Venus in Krebs dazu. Duchess´ schroffe Widder-Art kann ihre sanfte Krebs-Seite nicht verbergen.

Hätte Whitaker jedoch über ein Mädchen geschrieben, in deren Horoskop wir Widder nicht so offensichtlich wahrnehmen würden, wäre die Geschichte anders ausgegangen. Sicher, Duchess hätte wohl auch weniger Fehler begangen. Ihr Zorn, ihr Kampfgeist, ihre Handlungskraft (das sind alles Widder-Eigenschaften) treiben die Geschichte voran und bewirken nicht nur Gutes.

Was mich aber besonders interessiert hat ist, was ihr großer archetypischen Widderanteil mit ihr selbst macht. Freilich muss sie die Folgen ihres Handelns immer wieder büßen und diese sind mitunter brutal. Aber man kann dabei spüren, welche Kraft ihr Widder trotz allem gibt und sie vor dem Untergang bewahrt. Widder verleiht Selbstwirksamkeit. Zu spüren, dass man etwas tun kann und nicht hilflos ausgeliefert ist, ist für eine unter schwierigen Umständen Heranwachsende überlebenswichtig. Sie trotzt, ist ungerecht, wütend, unzugänglich und sie schadet sich damit auch selbst. Das alles bewirkt Widder mühelos. Aber in eine so feindliche Umgebung hineingeboren zu werden … welcher kleine Mensch kommt da halbwegs heil heraus, wenn er ständig auch noch abwägt, was insgesamt jetzt das beste wäre? Wir wünschen Duchess zwar während der Lektüre oftmals, dass sie sich den durchaus auch existierenden hilfreichen Menschen ihrer Umgebung mehr öffnen könnte. Aber wir können es ihr nicht verdenken, dass sie es nicht kann. Und ich habe den unbezwingbaren Verdacht, dass ihr starker innerer Widder ihr auch dazu verhelfen wird, über ihre eigenen Fehler irgendwann genauso hinwegzukommen wie über ihre schwierige Kindheit.

Wer Widder-Inspirationen sucht, ist mit diesem Buch bestens bedient.

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