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Der Zauber des Leonard Cohen

Aktualisiert: 31. Okt. 2024


Leonard Cohen 1988, Foto: Roland Godefroy

Leonard Cohen. Poet. Songschreiber. Sänger. Gläubiger. Zweifler. Liebender. Getriebener. Kreativer. Komponist der Hymne Halleluja. Erschaffer vieler weiterer musikalischer Ikonen, die uns seit Jahrzehnten begleiten. Selbst eine Ikone geworden. Eine außergewöhnliche Stimme, unvergessliche Melodien - und Texte, die sich in unsere Gehirne gebrannt haben. "Suzanne...", "I´m your man ...", "First we take Manhattan, than we take Berlin ...", "You want it darker ...", "And where, where, where is my Gypsy wife tonight?" - welches Lied spukt in deinem Kopf?


Wer so im kollektiven Gedächtnis haftet, in dessen Horoskop suchen und finden wir bedeutende Sternenkonstellationen in Haus zwölf oder starke Neptunpositionen, oft noch zusätzlich verbunden mit Betonungen des Zeichens Fische. Drei Mal Bingo in Cohens Horoskop.


Sonne, Venus und Neptun in Haus zwölf; Neptun in Konjunktion mit Venus in seinem eigenen, dem zwölften Haus; Cohens Mond schließlich noch in den Fischen mit einer Opposition zu Neptun. (Horoskop s.u.)

Diese astrologischen Faktoren machen einen Menschen durchlässig. Durchlässig für alles, was im Außen passiert. Die Empfindungen anderer sind für Cohen vermutlich oft kaum von den eigenen zu trennen. In solchen Menschen sehen wir oft, was wir wollen, was uns fehlt, was "in der Luft liegt". Idole und Sündenböcke werden unter diesen Sternen geboren, wenn diese Person sich nicht im Laufe ihres Lebens sehr gut kennenlernt, und damit lernt, sich von anderen abzugrenzen. Die Durchlässigkeit der beschriebenen Horoskopfaktoren bietet wenig Abgrenzungsfähigkeit zur Umwelt. Unser Wunsch nach perfekten Idolen haftet beispielsweise an einer Schönen Stimme oder anderen Talenten des "Idols". Wir projizieren dann auf den Menschen mit der schönen Stimme unseren Wunsch nach Vollkommenheit, nach überirdischer Schönheit, Glamour, Fantastischem, Großartigem. Wir sehen bald nur noch Übermenschliches in der Person selbst. Der wahre Mensch hinter dem vielleicht einzigartigen Talent wird nicht mehr gesehen - obwohl man als Fan von seinem Star scheinbar alles wissen und aufsaugen will. Trotzdem verschwindet der echte Mensch hinter der glanzvollen Fassade. Die Einsamkeit der Stars nach einem Auftritt ist genau aus diesem Grund Legende. Niemand kommt ihnen wirklich nah, nur dem Wunschbild. Am Ende sind sie oft sehr einsam.


Wir gieren ebenso nach Stars wie nach Sündenböcken. Wer statt einer schönen Stimme eine kratzige hat (oder ein anderes hier passendes Merkmal) kann zum personifizierten Bösen und Sündenbock werden, hinter dem der echte Mensch mit seinen menschlichen Widersprüchen ebenso verschwindet.

Bedürfnis nach Wundervollem

Cohen hat unser menschliches Bedürfnis nach Wundervollem reichlich bedient. Er schenkte uns Lieder, die uns tief berühren. Seine Musik rührt Teile unserer Seelen, die sich vor unserem Verstand verbergen.

Cohen vermag dies nicht nur, weil wir das in ihm sehen wollen. Menschen mit diesen Horoskopmerkmalen empfangen aufgrund ihrer beschriebenen Durchlässigkeit oft aus Sphären, die ohne diese Empfänglichkeit verborgen bleiben. Alle Künstlerinnen, alle Kreativen in allen Bereichen schöpfen genau daraus. Sie gelangen, wie Cohen, mit ihrer Wahrnehmung in Bereiche, die unaussprechlich, aber dennoch vorhanden sind. Tiefe Liebe, Faszination, Berührtsein, Gefühle jenseits von Sprache und Logik - Cohen erfasst diese Bereiche und findet Töne und Worte dafür, die uns das Unaussprechliche ein wenig öffnen. Keine große Kunst wird ohne diese Fähigkeit, sich dem Übersprachlichen zu öffnen, erschaffen. Neptunische Bereiche öffnen den Schaffenden Zugang zu diesen Sphären.

Um diese Durchlässigkeit zu erleben, muss man sich hingeben können. In diesen Dimensionen erreicht man nichts, indem man sich bemüht. Alle Antennen müssen auf Empfang stehen.


Gefahren großer Empfänglichkeit

An dieser Stelle können wir leicht die Gefahren sehen, die Individuen mit so viel Empfangsbereitschaft drohen. Oft ist es einfach zu viel, was durch die dünne Membran dieser Horoskopkonstellation auf einen Menschen einwirken kann. Der gewährte Blick ins Unendliche verhüllt und verhindert die praktische Verwertung der empfangenen Geschenke. Man bleibt passiv wie im Rausch oder entfernt sich gar mit Rauschmitteln von der Lebensrealität, um immer mehr zu "empfangen". Dann haben wir ein Zuviel der archetypischen zwölften Kraft im Tierkreis, der Fischekraft (das zwölfte Haus und Neptun gehören archetypisch ebenso zur Fischekraft).


Niemals geht es gut, wenn eine einzelne Kraft - egal welche - kein Korrektiv von der Kraft des im Tierkreis gegenüberliegenden Zeichens erfährt. Fische steht für Unendlichkeit, für unendliche Tiefe und Schönheit, für Versinken in Gefühl, Hingabe, überirdisch Wunderbares, Zauber und Vertrauen. Vertrauen, dass alles gut wird.


Ohne Fischekraft wären wir natürlich verloren und ohne auch nur ein bisschen Vertrauen auf die Welt gekommen. Aber immer brauchen wir zum Vertrauen in einen guten Ausgang der Dinge zusätzlich auch Fähigkeiten, etwas für unser Glück selbst zuwege zu bringen. Im Alltag können wir nicht darauf vertrauen, dass der gefundene Pilz, den uns der Wald geschenkt hat, nährt, wenn wir nicht gelernt haben, giftige von genießbaren zu unterscheiden.


Die Jungfrau und die Gitarre

Der Archetypus des Zeichens Jungfrau schenkt uns Unterscheidungsvermögen und liefert das Handwerkszeug zum Überleben auf Planet Erde. Dem Songschreiber gibt Jungfrau die Gitarre in die Hand, damit die empfangene Melodie am Ende unsere Ohren erreicht. Ein paar Gesangsübungen in Jungfrau-Manier können unseren Kunstgenuss erhöhen, und wenn der Künstler lernt ein Plakat aufzuhängen, mit dem er uns mitteilt, wann wir ihn wo hören können - auch das tut Jungfrau für uns -, dann transportieren sich die aus höheren Sphären empfangenen Botschaften dem Publikum immer besser.


Doch weh! Die beiden Kräfte wollen eigentlich Unvereinbares von uns. So sehr sich in einem echten Leben gegenüberliegende Zeichen brauchen, um eine gute Balance für ein menschliches Leben zu bilden, so unvereinbar sind sie in sich.


Gegensätze leben

Davon spricht Cohens Leben und Schaffen viele Bände. In seinen astrologischen Genen kämpfen die gegenüberliegenden Energien Fische und Jungfrau. Cohens Sonne kam bei seiner Geburt zwar in fischigen Haus zwölf zu stehen - aber sie steht im Zeichen Jungfrau! Auch Venus und Neptun teilen beide diese widersprüchlichen Merkmale und stehen im zwölften Haus in Jungfrau.


Cohens Fische-Mond steht auf Empfang - und das tut er im sechsten Haus, welches der Jungfrau zugeordnet ist. Dort möchte dieser hingabefähige, transparente, stille und passive Mond doch tatsächlich Nützliches erschaffen und nimmt außer Überirdischem auch noch alle Unperfektheiten der menschlichen Existenz wahr. Schüttel!


Der Planet, der die Jungfrau regiert (Chiron) - er steht direkt in spannungsvoller Verbindung mit dem Fische-Mond und ebenso mit Venus und Neptun aus dem zwölften Haus! Täglich sendet er den ätherischen Persönlichkeitsanteilen von Mond, Venus und Neptun, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen, die Botschaft, dass sie in den Dimensionen dieser Welt niemals genügen werden.


Selten habe ich ein Horoskop mit einem so intensiven, allgegenwärtigen Spannungsfeld zwischen diesen beiden Polen gesehen.


Cohens Mars im Feuerzeichen Löwe rettet ihn zumindest zeitweise aus diesem Dilemma, indem er ihn auf die Bühne schickt und es genießt, zu glänzen. Einige Planeten in Luftzeichen eröffnen zusätzlich die Fähigkeit, Dinge von verschiedenen Seiten zu betrachten und tun ein Übriges dazu, die Spannung erträglicher zu machen.

Songschreiben im Spannungsfeld

Die Entstehung des unbeschreiblichen "Halleluja" spiegelt, wie sich so ein Spannungsfeld entfalten kann. Cohen schrieb die erste Version des Halleluja bereits in den 70ern. Die zwölfte Energie lieferte ihm die Grundbausteine dazu: Eine betörende Melodie und poetische Verse. Dann kamen Jahre und Jahre des jungfraumäßigen Überarbeitens. Erst 1984 war er so weit und veröffentlichte Halleluja auf seinem Album Varius Positions.


Viele seiner Songtexte sprechen auf unnachahmliche Weise von diesem inneren Widerspruch zwischen Empfangen und Vertrauen auf der einen Seite - und dem Zweifel auf der anderen. Denn obwohl er sehr oft von Gott spricht (Gott ist eine Verkörperung der Fischeenergie), strotzen seine Texte von Zweifel (Jungfrau braucht den Gottesbeweis). Die Schönheit seiner Texte entsteht auch daraus, dass er Göttliches nie ins Lächerliche zieht, abstreitet oder leugnet. Dennoch finden wir nicht nur in Halleluja vieles, was göttlicher Verehrung widerspricht. Zwar sind seine Texte vielfältig interpretierbar und gerade sein Halleluja erfuhr auch nach 1984 noch viele, teils kryptische Veränderungen und Ergänzungen. Dennoch hören wir den Zweifel, ob Gott Musik wirklich liebt, lesen explizit die Zeilen Your faith was strong but you needed proof / dein Glaube war stark, aber du brauchtest Beweise, dass er Gottes Namen nichteinmal kenne und vieles, was in Hymnen an Gott sonst nicht vorkommt. Dennoch steht der Titel des Liedes für diese Hymne an Gott - Halleluja -und auch die Melodie lässt keinen Zweifel an der Absicht zur Huldigung.


Darker!

Dieser Kampf zieht sich bis zu seiner letzten CD Darker durch sein Werk. Gott wird dort als Dealer bezeichnet, gleich in der nächsten Zeile als Heiler. Lest diesen Text! Er ist verstörend, tief wie der Tod selbst. Cohen schrieb die Songs bereits im Angesicht seines eigenen Todes. Todkrank zu schreiben You want it darker, We kill the flame, dazu gehört die Hingabe an die neptunischen Kräfte der Auflösung. Diese brauchen wir alle, wenn es zu ende geht. Trotzdem wirft Cohen Gott im selben Lied vor: A million candles burning For the help that never came.

Im selben Lied dann verwendet er einen Begriff aus dem Jüdischen: Hineini. Übersetzen kann man das etwa mit "Hier bin ich!", was bedeutet, dass sich jemand Gott ganz hingibt.


Hier steht weder ein Ketzer noch ein Bigotter vor uns, sondern ein Mensch, der die innere Spannung zwischen Vertrauen und Zweifel zulässt, sie lebt und im Schmerz oder in Schönheit auskostet bis zum Schluss. Cohen weiß, dass es seinen Gott gibt, was über "glauben" weit hinausgeht. Und doch ist er ein Mensch und verlangt den Gottesbeweis. Das berührt, auch wenn man es nicht im Kopf versteht. Unser Wesen begreift, welchen Kampf der Künstler ausficht - und dass er es auch für uns tut. Das ist der Zauber des Leonard Cohen.



* Sonne, Venus und Neptun in Haus zwölf; Neptun in Konjunktion mit Venus in seinem eigenen, dem zwölften Haus; Cohens Mond schließlich noch in den Fischen mit einer Opposition zu Neptun.

Horoskop von Leonard Cohen; Quelle www.astro.com

Hier findest Du einen sehr interessanten Artikel über Cohen im Deutschlandfunk.



If you are the dealer, I′m out of the game

If you are the healer, it means im broken and lame

If thine is the glory, then mine must be the shame

You want it darker

We kill the flame


Magnified, sanctified

Be the holy name

Vilified, crucified

In the human frame

A million candles burning

For the help that never came

You want it darker


Hineni, hineni

I'm ready, my Lord



There′s a lover in the story

But the story's still the same

There's a lullaby for suffering

And a paradox to blame

But it′s written in the scriptures

And it′s not some idol claim

You want it darker

We kill the flame


They're lining up to prisoners

And the guards are taking aim

I struggle with some demons

They were middle class and tame

I didn′t know I had permission

To murder and to maim

You want it darker


Hineni, hineni

I'm ready, my Lord


Magnified, sanctified

Be the holy name

Vilified, crucified

In the human frame

A million candles burning

For the love that never came

You want it darker

We kill the flame

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